Studieren, wenn man vorher eine Lehre gemacht hat: Seit einigen Jahren ist auch in Österreich möglich, was vorher eher in angloamerikanischen Ländern verbreitet war. Für die Berufsakademie qualifiziert man sich durch Berufserfahrung – und nicht etwa durch ein Bachelorstudium, wie für viele andere Masterlehrgänge. WIFI hat gemeinsam mit der FHWien der WKW diese Akademie gegründet, auf der über 800 Personen ein Masterstudium absolvieren. Wir haben Natalie Völk interviewt, die an der FHWien das Zentrum für akademische Weiterbildung leitet. 

Mag. Natalie Völk, FHWien der WKW

WIFI-BLOG: Braucht man für diese Master-Lehrgänge eine Matura?

Natalie Völk: Masterlehrgänge zur Weiterbildung sind besonders für Personen geschaffen, die sich über ihren anspruchsvollen Berufsweg qualifizieren. Diese Studien erfordern als Zugangskriterium entweder einen vorhergehenden Bachelorabschluss oder eine bestimmte Dauer und Anspruchsniveau der Berufserfahrung. Sie stehen daher auch beruflich erfolgreichen Personen ohne Matura offen.

An wen richten sich die Lehrgänge der Berufsakademie?

Natalie Völk: Die Lehrgänge richten sich an zwei Gruppen. Die erste Zielgruppe umfasst Personen, die beruflich sehr erfolgreich sind, die seit 10 bis 20 Jahren eigene Abteilungen oder Bereiche leiten, Mitarbeiter/innen führen oder selbstständig sind, und die einen akademischen Abschluss als Krönung ihrer Bildung sehen. Viele kommen zu uns, weil sie nicht mehr weiterkommen oder weil ihre Führungsposition gefährdet ist. Die Berufsakademien adressieren ganz klar diese Zielgruppe.

Die zweite Zielgruppe, die jetzt immer größer wird, hat bereits einen Bachelor, sucht aber neue Themen und will da den Master machen.

Inwiefern profitiert die erste Zielgruppe von der Weiterbildungslehrgängen?

Natalie Völk: Fachkräfte brauchen Wissen aus Randbereichen oder Trends. Gerade als Führungskraft braucht man jedoch das typische „Über-den-Tellerrand-Hinausschauen“ sowie interdisziplinäres und strategisches Denken.

Das steht im Zentrum der Studien. Wir arbeiten mit unseren Studierenden daran ihre Entscheidungen sachlich und strategisch zu treffen – statt rein aus dem Bauch heraus. Außerdem ist die Arbeit an Sozialkompetenzen wichtig: Führungsverhalten, teilweise Basics wie Gesprächsführung, Moderation, Präsentation – dieses professionelle, souveräne Auftreten.

Viele unserer Studierenden sind 45+. Sie haben noch nicht diese Souveränität im Umgang mit technischen Tools, wie es nachfolgende Generationen haben. Das ist das, was sie ganz dringend brauchen und mitnehmen.

Das dritte ist die Vernetzung im Berufsfeld. An diesen Weiterbildungsprogrammen ist einzigartig, dass die Teilnehmer/innen bereits ein berufliches Netzwerk und eine Expertise haben, die sie miteinbringen. Gerade bei den Weiterbildungsprogrammen ist es uns wichtig, dass die Lehrenden aus der Wirtschaft kommen. Das Lernen von- und miteinander kann so auch wirklich gelebt werden in der Kleingruppe. Und das ist ein extremer Mehrwert, natürlich auch für die Lehrenden.

Wie groß sind diese Gruppen zirka?

Natalie Völk: Die Gruppen sind aus didaktischen Gründen nicht größer als 24 Personen.

Wie werden neue Lehrgänge entwickelt?

Natalie Völk: Vom Markt her! Fachliche Experten/innen der FHWien der WKW und Kooperationspartner/innen aus ganz Europa kommen auf uns zu und schlagen neue Themenfelder vor. So sind wir z.B. auf unseren neuen Lehrgang Cyber Psychology gekommen. Ein aktuelles Thema, das in England bereits akademisch sehr gut abgedeckt ist, in Österreich noch überhaupt nicht. Ein Beispiel der Kooperation mit dem WIFI ist der MSc Bilanzbuchhaltung, der die österreichweit sehr anerkannte WIFI-Bilanzbuchhalterprüfung auf ein akademisches Niveau hebt und fachliche Experten/innen zu Führungsaufgaben weiterqualifiziert.

Möchten Sie noch etwas speziell in Bezug auf die Kooperation mit dem WIFI anmerken?

Natalie Völk: Laut einer Umfrage unter allen Masterstudierenden der FHWien der WKW werden drei Viertel der Weiterbildungsstudierenden von ihren Arbeitgeber/innen unterstützt: zeitlich, mittels angebotener Karriereschritte und finanziellen Verbesserungen.

Bei 15 Prozent werden die Studiengebühren übernommen. Das zeigt, dass weiterbildende Masterprogramme auch von den Arbeitgeber/innen geschätzt werden. Die Studierenden wurden auch gefragt, wie motiviert sie sich selber einschätzen, wie zufrieden sie mit dem Studium sind und wie sehr sie es weiterempfehlen würden: Weiterbildungsstudierende empfehlen zu 92 Prozent das jetzige Studium weiter. 73 Prozent sind völlig oder sehr zufrieden mit dem Studium.

Daran kann man schon ablesen: Das trifft die Erwartung der Studierenden, das ist wirklich für die Zielgruppe gemacht!

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