Welche Trainings werden in Unternehmen gerade verstärkt nachgefragt? Wir haben Hans Köllich gefragt. Er steht als erfahrener Trainer, Coach und Unternehmensberater in Kontakt mit vielen heimischen Firmen. Seine Antwort: Viele investieren in die Führung und ins Projektmanagement.

Interview: Junge Führungskräfte brauchen Begleitung

WIFI-Blog: Welche Trainings werden bei Ihnen im Moment verstärkt nachgefragt?

Hans Köllich: Im Moment gibt es eine große Nachfrage im Führungsbereich. Führungskräfteentwicklung, besonders bei Nachwuchsführungskräften, ist ein Thema, zum Beispiel im Produktionsbereich. Außerdem geht es viel um Projektmanagement:  Zertifizierungen, aber auch Implementierung und Entwicklung von firmenspezifischen Standards.

Das klingt nach längeren Phasen der Zusammenarbeit mit Unternehmen.

Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt längere Prozesse zur Begleitung, die sich über zwei Jahre oder mehrere Jahre ziehen. Aber es gibt genauso kleinere Einheiten, z.B. die Begleitung bei der Rollenänderung vom Mitarbeiter zur Führungskraft in Produktionsbetrieben, die ca. zwei bis drei Tage erfordert.

Was macht den Wechsel vom Mitarbeiter zur Führungskraft so schwierig?

Viele Fachkräfte sind durch Lehre etc. im fachlichen Bereich gut aufgestellt. Vom Kollegen in der Linie werden sie auf einmal eine Ebene höher gehoben. Viele ihrer Vorgesetzten im Produktionsbereich haben eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. Auf der Führungsebene sind sie plötzlich mit zusätzlichen Aufgaben konfrontiert. In vielen Fällen werden sie dabei aber nicht oder nur minimal begleitet. Hier sollte man ihnen verstärkt mitgeben, dass Führung auch Arbeit ist und dass man Zeit braucht um Führungsaufgaben gut erledigen zu können.

Anders ausgedrückt: Die angehenden Führungskräfte kommen meistens mit guter fachlicher Kompetenz in ihre neue Rolle. Aber was die Sozialkompetenz angeht – kommunizieren, zuhören, Wertschätzung zeigen – überlässt man sie meistens sich selbst. Was viele dann gar nicht haben, ist Perspektivenkompetenz. Sich zu fragen: Warum tun wir das, was wir tun? Welchen Beitrag leistet das Unternehmen für die Gesellschaft? Was ist die Vision und wie trägt jeder einzelne Mitarbeiter etwas bei?

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“Ich will ein Feuer der Begeisterung entfachen”

Heutzutage wird Projektmanagement schon in vielen Lehrgängen und FHs unterrichtet. Merken Sie den gestiegenen Wissensstand in Ihren Trainings?

Nach meiner Sicht existiert Projektmanagement oft nur in minimaler Ausführung. Auf vielen Unis und FHs wird das Thema nur am Rande behandelt und geht wenig in die Tiefe. Gleichzeitig gibt es nur wenige Unternehmen, die wirklich projektorientiert arbeiten, wie z.B. Infineon.

Oft wird das Thema stiefmütterlich behandelt. In manchen Firmen existieren grundlegende Standards, aber sie werden nicht durchgängig verwendet. Häufig verwechselt man auch oft die Begriffe Flexibilität und Dahinwurschteln mit Agilität. Die Schärfung eines agilen Bewusstseins durch strukturierte Ansätze sowie Dinge rasch auf den Punkt zu bringen würde zahlreichen ineffizienten Meetings eine neue Qualität geben.

Vielfach existiert auch ein sehr diffuses Bild zu Projektstandards und zu einem definierten Projektmanagement-Prozess. Darin liegt für Unternehmen eine große Herausforderung: im Ruf nach einer einheitlichen Sprache. Auf der Uni lernen die Leute ganz andere Ansätze als auf einer HTL oder FH. In den Firmen kommen dann Menschen mit unterschiedlichen Zugängen zusammen. Es fehlen dann häufig das Werkzeug und der Entschluss des Unternehmens, konkrete und einfache dem Unternehmen angepasste Standards zu entwickeln und einzusetzen.

Begegnet Ihnen die Problematik unterschiedlicher Wissensstände auch bei Firmen-Intern-Trainings?

Ja, das kommt häufig vor. Firmen-Intern-Trainings haben jedoch den Vorteil, dass sie immer auf die Erfordernisse des Unternehmens abgestimmt werden.

Wir vereinbaren Zielsetzungen um die Sach-, Sozial- und Perspektiven-Kompetenz in wesentlichen Elementen zu stärken. So kann ich dann ein strukturiertes und systemorientiertes Training mit klar definiertem Design gestalten, das genau zum Unternehmen passt. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch mit seinen Fähigkeiten, die er in einem bestimmten Kontext umsetzen kann.

Das hat auch den Vorteil, dass sich die Mitarbeiter:innen viel stärker damit identifizieren als mit Inhalten von offenen Trainings, weil es mit ihrem Alltag zu tun hat.

Wenn Sie an Ihre Trainings denken: Gibt es eine Situation, die Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?

Mein Trainingszugang ist system- und erlebnisorientiert. Ich bin aus meiner Sicht erfolgreich, wenn es mir gelingt, die Leute zu beteiligen und ein Feuer der Begeisterung zu entfachen. Oft komme ich nach ein paar Monaten in einer Nachbetrachtung wieder kurz in Kontakt und Maßnahmen werden nachjustiert. Wenn sich dann herausstellt, dass das Feuer der Begeisterung im Alltag nicht erloschen ist, sondern auch in der Umsetzung weiter lodert und sich weiter ausbreitet, ist das für mich ein tolles Erlebnis.

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