Menschen führen, wie geht das überhaupt? In jedem Betrieb finden sich die unterschiedlichsten Mitarbeiter:innen, die völlig unterschiedliche Situationen bewältigen müssen. Berater, Trainer und Coach Toni Monsberger beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit den Themen Strategieentwicklung, Führung, Marketing und Umsetzungsbegleitung. Wir haben ihn gefragt, ob jede Person Mitarbeiter:innen führen kann – und welchen Ratschlag er einer angehenden Führungskraft geben würde.

Interview: “Kommunikation ist Schlüsselthema bei Mitarbeiterbindung”

WIFI-Blog: Welche Themengebiete werden von Unternehmen aktuell besonders nachgefragt?

Toni Monsberger: Ich arbeite in den Bereichen Führung, Führungskräfte-Entwicklung und Human Resources. Aktuell ist zu beobachten, dass verstärkt Führungstrainings nachgefragt werden. Die darunterliegende Problematik, die Unternehmen beschäftigt, hat mit dem Arbeitsmarkt zu tun. Unternehmen wollen verhindern, Fachkräfte zu verlieren. Employer Branding geht z.B. der Frage nach, was die Führung dafür tun kann.

Wie können Führungskräfte denn konkret zum Thema Employer Branding beitragen?

Reinhard Sprenger hat einmal gesagt: Menschen verlassen Situationen, in denen sie nicht wahrgenommen werden. Dieses Zitat ist für mich auch im Führungskontext gültig. Wir haben es mit einem prekären Arbeitsmarkt zu tun, aus vielerlei Gründen. Klar kann ich Mitarbeiter:innen ein höheres Entgelt bieten. Ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, Respekt zu zeigen und sie gemäß ihren Stärken einzusetzen ist aber genauso wichtig. Ich halte Kommunikation für ein Schlüsselthema in der Mitarbeiterbindung.

Kann jede Person führen lernen?

Führung braucht nur bedingt Talent. Zu 80 Prozent ist es Handwerk. Führungskräfte bedienen sich eines Werkzeugkoffers mit Methoden, die man erlernen und anwenden kann. Allerdings hat gutes Führen auch mit grundlegenden Wesenszügen zu tun. Zu den Kernaufgaben gehört es, Ziele vorzugeben und Entscheidungen zu treffen. Wer besonders harmoniebedürftig ist oder unter einer Entscheidungsschwäche leidet, wird sich eher schwer tun.

Firmeninternes Training

“Menschen übernehmen gerne Verantwortung”

WIFI-Blog: Wie läuft ein firmeninternes Führungskräftetraining konkret ab?

Toni Monsberger: Zuallererst muss ein Kontakt hergestellt sein. Dann kann die Vorarbeit beginnen: Ziele klären, Bedürfnisse orten. Interessanterweise ist das erste Problem, das die Kunden nennen, häufig gar nicht jenes, wo der Schuh wirklich drückt. Es geht darum im Sinne einer Bedarfserhebung zu fragen: Was braucht das Unternehmen wirklich? Dann kann ich, im Gegensatz zu einem offenen Kurs, ein passendes Angebot zusammenstellen, das auf diese Bedürfnisse eingeht. Praktisch maßgeschneidert. Die Trainings selbst können zwei bis drei Tage dauern oder sehr umfangreiche Maßnahmen sein, das ist ganz unterschiedlich. Wichtig ist im laufenden Prozess, immer wieder zu evaluieren und zu fragen: Gehen wir in die richtige Richtung?

Wie hat sich Führung in den letzten Jahrzehnten verändert? 

Das Menschenbild hat sich grundlegend geändert. Gut erkennbar etwa an den zwei Führungstheorien X und Y von Management Professor Douglas McGregor. X steht für die Philosophie der 60er Jahre, wonach Mitarbeiter grundsätzlich als faul, leistungsunwillig und ungeeignet für Verantwortung gesehen wurden. Diesem Verhalten begegnete die Führungskraft autoritär, mit Druck und Sanktionen. Dieses Bild wurde von der heute aktuellen Y Theorie entschieden abgelöst.

Der Mensch ist sehr wohl leistungsbereit und motiviert, übernimmt auch gerne Verantwortung. Die Generation heute stellt völlig neue Anforderungen an ihre Tätigkeit. Führung auf Augenhöhe ist gefragt, wertschätzend und respektvoll. Eine sinnerfüllende Aufgabe zählt. Führungskräfte sind nicht Vorgesetzte, vielmehr Coach und Begleiter. Nicht zuletzt ist durch den branchenweiten Fachkräftemangel ein Ringen um die Besten entstanden. Das bedeutet, die Jungen wählen am Arbeitsmarkt aus, wo sie arbeiten wollen.

Welcher Führungsstil ist heute gefragt?

Eindeutig situatives Führen – das ist kein eigener Stil. Das bedeutet, das Führen wird der Situation und dem Reifegrad der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angepasst. Kooperativ, aber auch direktiv mit klaren Anweisungen bei Gefahr oder Risiko. Den richtigen Stil gibt es nicht, alle haben Vor- und Nachteile. Der schlechteste ist „Laissez faire“ als laufen lassen, der im Zweifelsfall „lieber nicht führen – Stil“. Das endet im Chaos.

Angenommen, eine angehende Führungskraft kommt am Vorabend ihrer Beförderung zu Ihnen und bittet Sie um einen Ratschlag. Was würden Sie dieser Person raten?

Am Vorabend ist vielleicht etwas spät. Ich würde der Person raten, nichts zu überstürzen: in den ersten 1, 2 Monaten nichts Großes zu verändern, viele Einzelgespräche zu führen, herauszufinden, wer welche Rollen und Zuständigkeiten übernimmt und wer die Opinion Leader sind. Nachdem man sich einen Überblick verschafft hat, kann man langsam anfangen, Schritt für Schritt Veränderungen durchzuführen. Gemäß der „Salami-Taktik“, etwas unwissenschaftlich ausgedrückt.

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