Das ist bekannt: An den WIFIs gibt es das breiteste Weiterbildungsangebot. Darunter viele Spezialausbildungen, die nicht so ganz alltäglich sind. Im Rahmen unserer aktuellen Kampagne „Lern dich weiter“ holen wir sie vor den Vorhang. Diesmal: den Barkeeper Andreas Hotter. Mit Tiroler Aromen und heimischen Zutaten wirkt der Hotelier und Bar-
„Ich kann meine Kreativität ins Glas bringen“
WIFI-Blog: Wie sind Sie zum Beruf Barkeeper gekommen?
Andreas Hotter: Das war eine lustige Geschichte. Ich bin ein Hotelierskind. Das Hotel wurde ursprünglich von meinem Onkel gebaut, der ist aber leider 1983 verstorben. Meine Mutter und mein Vater mussten das Hotel übernehmen. Ich war noch ein Bub und hab gewartet bis meine Mutter Feierabend hat, bin in der Rezeption gessesen und hab Däumchen gedreht. Damals gab es schließlich noch kein Handy.
Mein Onkel hatte viele verschiedene Interessen. Deshalb habe ich ein ganz altes Mixbuch in die Hände bekommen, der Autor hieß Aladar von Wesendonk, das weiß ich noch. Das begann ich durchzublättern und dachte mir: Das ist cool, das möchte ich mal probieren. Unsere Bar war damals katastrophal bestückt, es war nicht viel da – aber ich hab sukzessive begonnen, Zutaten zu kaufen und habe dann, sehr spartanisch, begonnen, Drinks herzustellen. So bin ich zu meinem Beruf gekommen.
Wie alt waren Sie da?
Dreizehn, vielleicht vierzehn. Danach bin ich in die Hotelfachschule gegangen.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf besonders?
Ich finde, dass wir einen schönen, aber unterbewerteten Job haben. Ich habe die Freiheit mit tollen, internationalen Zutaten zu arbeiten und kann meine Kreativität und meine Weltoffenheit ins Glas bringen – und dem Gast so eine Freude machen. So lerne ich viele coole Leute aus aller Welt kennen. Außerdem glaube ich, dass für viele die Arbeitzeiten ein Vorteil sind. Sie arbeiten bis spät in der Nacht, aber können tagsüber ihren Hobbies nachgehen.
Gibt es aktuelle Trends bei Cocktails?
Der Trend geht eindeutig weg von Quantität hin zur Qualität. Es geht „back to the roots”. Die Leute entscheiden sich für ursprüngliche Zutaten oder alte Cocktailbücher, wie z.B. „The flowing Bowl“ von William Schmidt aus dem Jahr 1899. Man fragt sich: Wie soll der Drink zubereitet werden, wo kommt er her, wie soll er schmecken?
Ein zweiter großer Trend ist food pairing. Der Kücheneinfluss steigt, es werden Zutaten aus der Küche verwendet und mitunter auf eine Speise zugeschnitten, wie z.B. beim Wein.
Bei der Deko geht der Trend zum Minimalismus. Man verwendet keine großen Garnturen mehr, sondern dekoriert puristisch. Der Drink soll in einem schönen, gefrorenen Glas präsentiert werden und die Zutaten sollen für sich selber sprechen.
Außerdem verwendet man zunehmend Gerätschaften aus der Parfümherstellung und Labortechnik, z.B. Rotationsverdampfer, oder aus der Küche, z.B. Sous-vide-Verfahren, also das Garen in Niedrigtemperatur.
Tourismus-Weiterbildung anpacken!
Empathie, Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl
WIFI-Blog: Welche sozialen Kompetenzen sollte ein Barkeeper mitbringen?
Andreas Hotter: Sprachen sind wichtig, Englisch ist als Barsprache das Um und Auf. Italienisch oder Französisch wären auch eine super Sache. Das macht einen selbstsicherer hinter der Bar.
Außerdem finde ich Allgemeinbildung sehr wichtig. Dass man Hauptstädte kennt, Hintergrundwissen hat, ein gewisses Know-how, um mitreden zu können.
Das ist das Problem der Gastronomie: Wir müssen schauen, dass wir uns besser verkaufen, damit sich unser Stellenwert erhöht und wir als Fachleute wahrgenommen werden.
Natürlich gepflegtes Auftreten und adrette Kleidung – aber das sollte selbstverständlich sein. Eine grundsätzliche Empathie, Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl braucht man natürlich auch.
Bewusstsein für Trinkkultur schaffen
Was lernt man genau im WIFI-Diplomlehrgang?
Getränkekunde wird bei uns sehr akribisch gemacht, damit die Teilnehmer/innen was nachhause nehmen können. Mir ist besonders wichtig, dass die Teilnehmer/innen sehr viel wertvolle und wahre Informationen bekommen, es sind viele falsche Infos im Umlauf.
Generell geht es um Know-how, das Bewusstsein für eine Trinkkultur zu schaffen. Wer ein Zeugnis hat, soll auch nach drei Jahren noch sagen: Wow, das habe ich mal gemacht.
Welche Tipps würden Sie angehenden Barkeeper/innen geben?
Reisen, sich was anschauen. Offen für neue Ideen sein. In gute Bars gehen. In die weltbesten Bars, nach New York, London, Singapur, die Atmosphäre aufsaugen. Außerdem ist es wichtig, dass man kulinarisch interessiert ist und ein Verständnis für Genuss hat. Man muss probieren. Auch wenn Alkohol eine legale Droge ist und man aufpassen muss, dass man sich im Rahmen bewegt: Man muss es probieren. Ein Sommelier muss Wein probieren. Er kann nicht nur das Etikett lesen. Das kann der Gast zuhause auch.
Was ist eigentlich Ihr Lieblingscocktail?
Am liebsten trinke ich einen klassischen Daiquiri, am liebsten mit Veritas-Rum. Das ist ein Rum von Foursquare, der aus verschiedenen Brennblasen hergestellt und leicht gelagert wird. Frisch gepresste Limette, Zucker, bisschen geschüttelt … das wäre mein Drink der Wahl.