Das ist bekannt: An den WIFIs gibt es das breiteste Weiterbildungsangebot. Darunter viele Spezialausbildungen, die nicht so ganz alltäglich sind. Im Rahmen unserer aktuellen Kampagne „Lern dich weiter“ holen wir sie vor den Vorhang. Diesmal: Yogalehrerin.
Doris Kohlmaier ist eigentlich Sportwissenschafterin. Sie hat sich jedoch schon sehr früh mit fernöstlichen Bewegungssystemen: Yoga, Tai Chi und Qigong. Nach dem Studium hielt sie bereits Lehrveranstaltungen über ganzheitliche Gesundheits- und Entspannungstechniken. Das macht sie nun seit 25 Jahren. Heute unterrichtet sie in unterschiedlichen Institutionen, auch privat.
WIFI-Blog: Warum haben Sie sich für Yoga entschieden?
Doris Kohlmaier: Ich war Leistungssportlerin, Geräteturnerin und habe beim Hatha-Yoga ähnliche Übungen gemacht – nur unter Hochspannung. Durch Yoga habe ich den Gegenpol, das Loslassen erfahren. Ich habe viele Zugänge kennengelernt, mich mit unterschiedlichen Techniken beschäftigt, auch mit Pilates, Feldenkrais. Ich habe auch sehr lange mit Wirbelsäulengymnastik gearbeitet. Ich bin aber bei Yoga geblieben, weil es viele ganzheitliche Techniken bietet, die alle Ebenen des Menschen entwickeln: körperlich, psychisch, emotional und spirituell. Das ist eigentlich das Schöne am Yoga.
„In Graz gab es kein einziges Yogacenter“
Yoga ist in den letzten Jahren ein richtiger Trend geworden.
Es ist interessant: Als ich begonnen habe zu unterrichten, gab es hier in Graz kein einziges Yogacenter. Es freut mich, dass die Entwicklung so rasant geht, weil Yoga das Körperbewusstsein, die Lebensqualität, das gesamte Wohlbefinden verändert. Durch das Bewusstsein für unseren Geist verändern wir uns selbst. Man entspannt und ruht in sich selbst. Ich glaube, dass man sich so auch gut von unserer materiell-fixierten Welt distanzieren kann.
Kennen Sie Konkurrenzdruck?
Ich glaube, dass der Markt riesengroß ist. Es ist genug Platz.
Dann sind Sie sicher sehr glücklich mit Ihrem Beruf!
Ja! Ich bin sehr, sehr dankbar, es macht sehr viel Spaß!
Gibt‘s für Sie so etwas wie Alltag?
Ja, ich sehe Yoga selbst als Teil meines Alltags. Es ist ja auch ein Ziel, nicht nur einmal in der Woche zu trainieren, sondern Grundelemente wie Achtsamkeit oder Dankbarkeit in den Alltag miteinzubeziehen. Das körperfokussierte Hatha-Yoga ist bei uns im Westen sehr stark angekommen, aber es gibt ja auch Bhakti-Yoga, Yoga der Hingabe, das Karma-Yoga, Yoga des Handelns. In diesen Prozessen lernen wir bewusster im Einklang mit der Natur und unseren Mitmenschen zu handeln. Auch in der Übungspraxis versucht man, achtsam mit sich selbst zu sein.
Eignet sich Yoga eigentlich für manche Menschen überhaupt nicht?
Es gibt sicher Menschen, die sich nicht öffnen. Yoga kann aber eigentlich jede/r in sein Leben integrieren. Ich habe eine Gruppe mit Frauen zwischen 75 und 82 Jahren, die bereits seit zwanzig Jahren Yoga machen. Das ist meine Vorzeigegruppe – alles geht! Auch mit kleineren Wehwehchen, damit können alle umgehen. Das ist wunderbar! Yoga ist im Prinzip für jede/n geeignet – es gibt mittlerweile ja auch Baby-Yoga.
Baby-Yoga?
Ja! Ich selbst habe mit meinen Babies auch Übungen gemacht, das war immer sehr wohltuend.
Gibt es ein spezielles Erlebnis, das Sie sehr berührt hat?
Sehr schöne Erfahrungen sind für mich immer wieder Gruppenerfahrungen. Wenn nach einer oder zwei Stunden Praxis eine Stille entsteht. Eine wirklich wunderbare Stille. Das ist eine innere Ruhe, die diese ganze Gruppe erfährt.
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„Yoga ist auch anstrengend“
Gibt es umgekehrt auch etwas, das sehr fordernd ist?
Ja natürlich! Yoga ist ist nicht immer nur schön, der Weg ist auch anstrengend. Man sollte eine gewisse Selbstdisziplin entwickeln, wie bei jedem Weg, den man geht. Viele wollen ja was verändern, was tun für sich, aber nach ein paar Mal Ausprobieren verlieren sie die Motivation und fallen wieder in ihre alltäglichen Gewohnheiten.
Ist es zu zweit weniger anstrengend? Viele Menschen praktizieren ja auch als Paar Yoga.
Ja, Partneryoga! Das mache ich auch schon sehr lange. Viele Pärchen haben Interesse an gemeinsamen Übungen. Das ist wundervoll, weil es Partner/innen auf unterschiedlichsten Ebenen verbindet. Die Körperpraxis ist auch entlastend, mit einem Partner kann man natürlich sehr gut passiv arbeiten. Auch Meditationen zu zweit sind toll. Und ja, man ist dann sicher auch motivierter!
Was würden Sie einem Menschen raten, der Yogalehrer/in werden möchte?
Wenn jemand bereit und offen ist für den Weg, ist es eine absolute Bereicherung fürs Leben!
Ist als Yogalehrer/in der Weg in die Selbstständigkeit vorgezeichnet?
Man kann schon auch in Betrieben arbeiten. Eine volle Anstellung kann ich mir in Gesundheitszentren vorstellen. Aber wenn man sehr lange Yoga macht, ist es ein Ziel, selbstständig zu sein. Man baut sich ein Klientel auf, arbeitet wahrscheinlich in unterschiedlichen Bereichen.
Es gibt ja viele Formen von Yoga, auf die man sich spezialisieren kann.
Es wird sehr individuell mit Begriffen hantiert. Man fügt etwas hinzu und es klingt ganz anders. Im Grund genommen hat sich Wesentliches wie die Yogaübungen kaum verändert, nur die Bedeutung ist teilweise eine andere geworden. Es ist generell ein guter Weg. Auch um sich selbst wieder besser kennenzulernen – das ist ja verlorengegangen. Viele Menschen sind sehr nach außen orientiert, nehmen sich selbst aber immer weniger wahr. Es gibt sicher Richtungen, die eher auf Profit ausgerichtet sind wo sehr viel programmatisch abläuft. Dennoch glaube ich, dass jede/r selbst herausfinden muss, was gut tut. Ich denke, viel Information ist hier hilfreich.
„Yoga ist ein Prozess“
Und wo holt man sich die am besten?
Es gibt den Berufsverband „Yogalehrer in Österreich“. Ich bin schon seit vielen Jahren dabei und bekomme dort alle Infos. Es gibt auch die Yoga-Akademie mit der monatlichen Zeitschrift Yogavision. Das sind für mich sehr engagierte Institutionen, die ganz tolle Arbeit leisten.
Wie viel Zeit sollte man grundsätzlich einplanen?
Yoga ist ein Prozess: auch nach einer Ausbildung. Ich glaube, niemand von uns wird diesen Prozess in diesem Leben abschließen! Es ist eine Lebenseinstellung, ein Lebensweg. Geht man diesen Weg, kann man mit den erlernten Techniken, die man eben in einer Ausbildung praktiziert und mit denen man seine eigene Praxis entwickelt, schon sehr viel weitergeben.
Also ist es nicht in ein paar Wochen getan?
Der zeitliche Rahmen liegt zwischen einem Monat und vier Jahren. Es ist an sich eine Erfahrungswissenschaft. Und das dauert. Wir können uns nicht von heute auf morgen verändern. Ausbildungen im Ausmaß von drei Wochenenden sind für mich ein zu kurzer Zeitraum.
Zum Schluss: Warum sollten wir alle Yoga machen?
Yoga erfasst den ganzen Menschen und ermöglicht tiefer gehende Erfahrungen. Wir sind heutzutage sehr oberflächlich, nach außen orientiert. Aber Yoga lässt uns auch in die Tiefe gehen. Wir können wieder diese innere Ruhe erfahren, uns selbst, unsere Mitte – wie auch immer man es nennt (schmunzelt).