Es gibt zwei unterschiedliche Arten, wie wir im Leben Entscheidungen treffen: Entweder wir haben ausreichend Zeit, um gründlich überlegt zu entscheiden. Oder es steht uns nicht viel Zeit zur Verfügung oder wir brauchen gar nicht viel davon, weil die Intuition und die Erfahrung uns die Antwort auf die Entscheidungsfrage verraten.
Crash oder Punktlandung?
Am 24. Februar 2009 erlebte Philip Keil als Pilot im Cockpit einer Passagiermaschine über Ägypten zweifelsohne Letzteres. Er hatte nur Sekundenbruchteile Zeit, um die Katastrophe – einen Absturz – abzuwenden und damit sein Leben, das der Crew und der knapp 200 Passagiere zu retten.
„Es war eine Situation, die ich im Flugsimulator schon unzählige Male trainiert hatte. Dadurch wusste ich sofort, dass das der einzige Weg war, da rauszukommen. Und es hat sich in dem Moment richtig angefühlt“, erzählt der erfahrene Berufspilot mit über 8.000 Flugstunden sowie tausenden Starts und Landungen auf vier Kontinenten. Und er hat richtig entschieden. Dennoch: Sein Leben sollte sich dadurch für immer verändern.
Raus aus der Komfortzone
Eine der Erfahrungen, die Philip Keil in seiner Zeit als Pilot im Cockpit gemacht hat: Persönliches Wachstum findet immer außerhalb der eigenen Komfortzone statt. Nach dem Beinahe-Absturz stellte er sich somit die Frage: Wie gehe ich mit diesem Nahtod-Erlebnis um? „Mich hat diese Situation dazu inspiriert, all diese Erlebnisse und Erfahrungen aus über 8.000 Flugstunden an die Menschen weiterzugeben – für alle erdenklichen Lebenssituationen.“
So wurde Philip Keil Buchautor und Keynote Speaker – und ist heute mit seiner Entscheidung sehr zufrieden. Mit seinen Büchern und Vorträgen inspiriert Philip Keil Menschen in verschiedensten Situationen. Dazu gehören auch Führungskräfte, die jeden Tag Entscheidungen zu treffen haben und mutig Verantwortung übernehmen müssen.
Gemeinsam entscheiden
„Im Management von Unternehmen ist es genauso wie im Cockpit eines Flugzeugs: Herausforderungen sollten gemeinsam gemeistert werden“, sagt Keil und erklärt auch, warum: „Der Einzelne wird immer Fehler machen, aber das Team kann die Fehler des Einzelnen erkennen und korrigieren.“ Im Unterschied zu Führungskräften werden Flugzeugpilotinnen und -piloten geschult, sich in Extremsituationen richtig zu verhalten.
Perspektiven miteinbeziehen
So gibt es in der Luftfahrt die sogenannten NASA-Strategien – von Pilotinnen und Piloten der NASA entwickelte Richtlinien. Darunter auch Tools für das Treffen von schwierigen Entscheidungen unter Zeitdruck. Den Erfolgsfaktor für richtige Entscheidungen sieht der Pilot in der gegenseitigen Unterstützung und darin, die Perspektive der oder des anderen in die Entscheidung miteinzubeziehen.
„Wer als Führungskraft glaubt, alleine vorpreschen zu müssen, unterliegt einem großen Irrtum. Erst einmal nicht vorweg zu entscheiden, sich die Meinungen der anderen im Team einzuholen und sich auf diese Weise eine ganzheitliche Sicht zu verschaffen – gerade das macht eine gute Führungskraft aus.“
Mehr für Führungskräfte
Motivieren statt delegieren
Was Führungskräfte im 21. Jahrhundert unbedingt brauchen: die Fähigkeit, alle im Team für die gemeinsame Aufgabe zu motivieren. „Die Führungskraft ist ein Mentor, der seine Erfahrung mit anderen teilt, auf Augenhöhe mit seinem Team spricht und das Vertrauen hat, Verantwortung gleichmäßig zu verteilen.
Nur so hat jeder im Team die Möglichkeit, mitzugestalten und sich mit dem Unternehmen zu identifizieren.“ Vertrauen spielt beim erfolgreichen Führen eine essenzielle Rolle – in sich selbst und in andere. Keil: „Vertrauen ist der Treibstoff für Erfolg. Studien zeigen: Wenn Menschen Vertrauen geschenkt bekommen, ist das die größte Form der Motivation, die eigene Aufgabe gut zu erfüllen.“
Fehler als Lernquelle
Vertrauen ist auch die Basis, eigene Fehler und jene der anderen als Chance zu sehen. Nur wer genug Selbstvertrauen und Vertrauen in sein Team hat, weiß Misserfolge als Lernquelle zu schätzen. „Die Luftfahrt ist ein Vorreiter für positive Fehlerkultur. Wir müssen aus Fehlern lernen, weil wir es uns nicht leisten können, einen Fehler ein zweites Mal zu machen“, unterstreicht Philip Keil.
Zur positiven Fehlerkultur gehört es auch, offen mit den eigenen Fehlern umzugehen. „Führungskräfte sprechen über ihre Erfolge. Sie sollten auch von ihren Fehlern erzählen. Denn auch das sind Erfahrungen, von denen andere lernen können. Sie werden dann auch offen mit ihren Fehlern umgehen. Das ist die Lernquelle, die wir in Unternehmen so dringend brauchen.“