Sebastian Arthofer war bei einem großen österreichischen Startup angestellt. Er machte sich, gemeinsam mit seinem Bruder, auf die Reise, Veränderung in die angestaubte Branche von privaten Krankenversicherungen zu bringen. In diesem Artikel erklärt er, wie wichtig „Customer-Centricity“ für das junge Startup war. Für den WIFI-Blog hat er einen Gastbeitrag verfasst.
Immer auf den Kunden hören – „Customer Centricity“ als wichtiger Lernfaktor
Du kennst das sicher, du bist auf der Suche nach einem neuen Auto und das erste was dir im Autohaus passiert: Der Autoverkäufer kommt und präsentiert dir ausnahmslos alle Features des Autos. Du hast noch nicht einmal Luft geholt und überhaupt Interesse an dem Modell bekundet, da wird bereits das nächste Auto vorgestellt.
Du denkst dir: „Der Verkäufer weiß eigentlich gar nicht, was ich überhaupt möchte“. Und auch wir hatten vor unserem Projekt krankenversichern.at keine klare Vorstellung was der Kunde braucht. Unsere Annahme war, dass sich die meisten Interessenten für das Thema Krankenhauskostenversicherung interessieren werden. Falsch gedacht.
Nach rund 50 Beratungen war uns auf einmal klar, was das Bedürfnis des Kunden eigentlich ist. Schnelle digitale Prozesse, einfache Produkterklärungen und das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse waren dem Kunden um ein Vielfaches wichtiger, als wir dachten.
Und ab diesem Zeitpunkt war uns klar: Nur mit 100 Prozent Fokus auf die Bedürfnisse des Kunden können wir mit unserer Lösung langfristig Erfolg haben. Wir machten den Fehler aus dem Produkt heraus zu denken und nicht vom Kunden her. Ein wichtiges Learning ist dabei: Sei nicht dogmatisch, sondern 100 Prozent agil im Denken.
Gerade durch Covid-19 haben wir Agilität in unserer Gesellschaft lernen müssen.
3 sofort umsetzbare Tipps, wie man sein Unternehmen „customer-centric“ aufbaut
Kennst du bereits den Service Delivery Gap? 80 Prozent der Unternehmen glauben (laut einer Bain & Company Studie) einen außergewöhnlichen Service für ihre Kunden geliefert zu haben. Aber nur 8 Prozent der Kunden sehen das genauso. Der Service Delivery Gap ist also die unterschiedliche Wahrnehmung über die Leistung von Lieferanten bzw. Dienstleistern und deren Kunden.
Damit auch deine Organisation „kundenzentriert“ denkt, haben wir 3 Tipps, welche auch in unserem Startup geholfen haben, „customer-centric“ zu denken, für dich zusammengefasst.
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Verankere „Customer-Centricity“ in deinen Unternehmenswerten
Ab einer gewissen Größe eines Unternehmens ist nicht mehr das fachliche Know-How entscheidend, sondern die Menschen, die einem beim Unternehmensaufbau helfen. Wie hat bereits Peter Drucker gesagt: „Culture eats strategy for lunch.“. Und gerade hier kannst du die ersten Impulse setzen. Formuliere kundenorientiere Unternehmenswerte. Und wichtig ist auch, dass der CEO als Role Model diese Kultur lebt. Regelmäßig in Kundengesprächen involviert zu sein, ist dabei unerlässlich. Als Beispiel: Amazons erstes Leadership Principle ist: „Customer Obsession“.
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Hole regelmäßige Kundenfeedback ein
Egal welches Tool du nutzt, du musst verstehen, wie der Kunde das Unternehmen wahrnimmt. Häufig und regelmäßig an wichtigen Punkten in der Servicekette den Net-Promoter-Score (NPS) zu messen oder qualitatives Feedback einzuholen hilft, den Kunden und seine Bedürfnisse besser zu verstehen. Wir messen beispielsweise unseren NPS direkt nach einer Beratung und so können wir auch die Qualität der Beratung besser verstehen und schneller reagieren.
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Produkt-Roadmap am Kundennutzen orientieren.
Eventuell kennst du das Konzept von Amazon bei einem Meeting: Ein Stuhl bleibt immer frei, denn dieser ist für den imaginären Kunden reserviert. So startet jedes neue Produktfeature immer aus dem Gedanken heraus, wie diese Innovation dem Kunden helfen kann. Bevor du deine nächste Produktroadmap planst, stellt euch im Team folgende Fragen:
- Was ist das größte Problem in meiner Zielgruppe?
- Wie löst dieses neue Produkt die Probleme meiner Kunden?
- Wo entwickelt unser Produkt den größten Kundenmehrt?
Viele dieser Tipps sind schnell und einfach umgesetzt. Aber das nachhaltige Arbeiten und die notwendige Konsequenz daran zu feilen sind unerlässlich.
Auf und ab im Startup – warum Konsequenz so wichtig ist im Unternehmertum
Eines ist sicher nicht leicht: konsequent und fokussiert an einem Thema dranzubleiben. Es gibt so viele spannende Möglichkeiten seinen „Footprint“ in der Welt zu setzten.
Und gerade im Unternehmertum ist Konsequenz und Durchhaltevermögen so wichtig. So gibt es Tage, da könnte man vor Freude nur jubeln und Tage da ist man zu Tode betrübt.
Gerade wenn man sein Unternehmen zur eine „Customer-First“ Organisation verändern möchte, wird besonders viel Change Management notwendig sein. Arbeitet regelmäßig an der Veränderung des Mindsets und versucht den Kunden zu 100% in den Fokus zu stellen. Die Veränderung ist ein Marathon und kein Sprint.
Weiterbildung als „unfairen Vorteil“ nutzen
Eines sei klar gesagt: Wissen ist Macht. Egal ob bei Customer-Centricity, Digitalisierung, Online Marketing, Data Analytics oder vielem mehr. Je mehr Wissen du in einem Bereich aufsaugen kannst, desto höher ist deine Erfolgswahrscheinlichkeit.
Nehmen wir die Berufsgruppe: Customer Success. So hat es diese Funktion vor 10 Jahren noch gar nicht gegeben. Auch das Wissen über neue Funktionen ist hier unerlässlich. Neue SaaS-Unternehmen haben nicht mehr den Ansatz, ein Produkt zu verkaufen und den Kunden zu vergessen. Ein Customer Success Agent hilft bei der Implementierung und begleitet den neuen Kunden im Onboarding. Auch so kann „Customer Centricity“ gelebt werden.
Sebastian Arthofer
… absolvierte die Wirtschaftsuniversität Wien mit einem Bachelor in Internationaler Betriebswirtschaft und einem Master in Corporate Finance und war sowohl am Texas A&M als auch an der Ohio State Universität. Er ist Co-Gründer des unabhängigen Informations- und Vorsorgeportals krankenversichern.at und war vor seiner Gründung als strategischer Controller, Investmentbanker sowie im Bereich Investor Relations bei einem großen österreichischen Startup tätig.