Betriebsübergabe, Betriebsnachfolge, Unternehmensnachfolge – wie man es auch nennen mag. 41.700 Betriebe in Österreich stehen laut einer Studie der KMU-Forschung Austria im Zeitraum 2018 bis 2027 vor der Herausforderung, einen Nachfolger zu finden. Das sind immerhin 26 Prozent aller heute angemeldeten KMU in Österreich.
Rund 404.000 Arbeitsplätze können so in den kommenden zehn Jahren gesichert werden. Der häufigste Grund für die Unternehmensübergabe, ist das Alter des Übergebers: In 66 Prozent der Fälle übergeben die Unternehmer ihren Betrieb mit Erreichung des pensionsfähigen Alters. Aber auch gesundheitliche Aspekte oder eine unselbstständige Tätigkeit führen dazu, dass ein Unternehmen den Inhaber wechselt. Ein sehr positiver Trend: Unternehmensübergaben werden immer besser geplant, externe Hilfe wird häufiger beansprucht.
Interview: Vorbereitung ist alles
Familiäre und familienexterne Übergaben halten sich in etwa die Waage. Wer aber glaubt, familieninterne Übergaben wären „a gmah’de Wiesn“, der ist auf dem Holzweg. Gute Vorbereitung ist auch hier alles. Denn gerade bei familieninternen Übergaben sind der Umgang miteinander und die Kommunikation noch wichtiger als bei familienexternen Übergaben.
Ein umfassender Dialog zum Übergabevorhaben innerhalb der Familie fördert die erfolgreiche Übergabe. So etwa im Fall des 70-jährigen Ing. Michael Alfons, der seinen Elektroinstallations-Betrieb mit drei Standorten und 90 Mitarbeitern in der dritten Generation führt und in Bälde an seine Kinder übergibt: Michael Alfons, MSc, 32, ist 2016 und Mag. Julia Landl-Alfons, 38, mit Anfang 2020 in das Unternehmen eingestiegen.
Der Übergabe blickt Michael Alfons senior gelassen entgegen. Dieser positiven Einstellung geht ein jahreslanges Hinarbeiten auf den Tag X voraus – eine akribisch geplante Übergabe, von der uns der Unternehmer im Gespräch erzählt hat.
WIFI-Blog: Was haben Ihre Kinder gemacht, bevor Sie ins Unternehmen eingestiegen sind?
Michael Alfons: Mein Sohn hat eine HTL-Elektrotechnik-Ausbildung, den Bachelor FH Wirtschaftsingenieur und einen Master in Unternehmensführung. Nach seinem Studium war er zwei Jahre in der Industrie tätig. Meine Tochter hat Internationale Betriebswirtschaft studiert und war Marketingchefin bei einem österreichischen Baustoffunternehmen, bevor sie in Karenz ging. Michael kümmert sich um das technische operative Tagesgeschäft, meine Tochter um den wirtschaftlichen Teil.
Sie haben die Übergabe schon länger vorbereitet. Wie kam es zur Entscheidung bezüglich der familieninternen Übergabe?
Wir haben vor sieben Jahren eine Familienberatung gemacht. Dabei wurde in Form einer Due Diligence geprüft, ob es Sinn macht, das Unternehmen weiterzuführen. Weiters wurden die Nachfolger, also meine Tochter und mein Sohn, darauf aufmerksam gemacht, was es heißt, Unternehmer zu sein. Zudem wurde in Form von Einzelinterviews abgeklärt, wie gut wir miteinander können. Am Ende dieser Beratung hat es eine gemeinsame Agenda gegeben. Im Rahmen dieses Tagesseminars tauschten wir uns im Beisein des Beraters über die Ergebnisse der Beratung aus, und jeder hat einen Zeitplan für seine Zukunft aufgestellt. Aufgrund dieser Beratung haben meine Kinder entschieden, das Unternehmen weiterzuführen.
Wurde eine Strategie entwickelt, wie die Übergabe ablaufen soll?
Vor drei Jahren gab es noch eine weitere Beratung, in deren Rahmen eine Befragung unserer Mitarbeiter durchgeführt wurde. Ziel der Befragung war es herauszufinden, was die Mitarbeiter glauben, dass es für sie bedeutet, wenn ich nicht mehr im Unternehmen bin. Zudem haben wir einen Plan erstellt, welche Aufgaben ich wann abgebe. Und das arbeiten wir der Reihe nach ab. In unserem Fall wird nicht das Unternehmen übergeben, denn der Eigentümer ist eine Privatstiftung. Vergeben wird lediglich die Geschäftsführerposition.
Wo stehen Sie aktuell?
Noch sind mein Sohn und ich gemeinsam in der Führung tätig, aber ich ziehe mich nach und nach aus dem Geschäft zurück. Dann werden meine Tochter und mein Sohn die Geschäfte führen. Das Ziel ist, dass ich in zwei bis drei Jahren nur mehr als Konsulent bei Bedarf im Unternehmen bin.
Was haben Sie für ein Gefühl bei der Übergabe?
Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Ich bin der Überzeugung, dass man einen Betrieb erst dann übergeben kann, wenn man darauf vertrauen kann, dass die Nachfolger das Unternehmen erfolgreich fortführen können.