Wie komme ich als Führungskraft zu besseren Ergebnissen? Brigitte Stampfer hat wohl mehr als eine Antwort darauf. Die Expertin für Führung und Leadership war selbst Führungskraft und personalverantwortlich für Teams zwischen 4 und 400 Mitarbeitenden. So hat sie gelernt, nicht nur „book smart“ – auf Basis theoretischer Grundlagen, sondern auch „street smart“ zu führen – mit Hausverstand und Menschenkenntnis. Für den WIFI-Blog haben wir die erfahrene Trainerin interviewt. 

Interview: „Entscheidungen haben immer persönliche Aspekte“

WIFI-Blog: Welchen Tipp würden Sie einer angehenden Führungskraft am Vorabend einer Beförderung geben?

Brigitte Stampfer: Das kommt ganz drauf an. Ich würde in zwei Gruppen unterscheiden: diejenigen, die darauf hingearbeitet haben und diejenigen, die gefragt worden sind, obwohl sie von sich aus eher nicht die Führungsrolle angestrebt haben. Wer bereits auf seine Führungsposition wartet, ist oft zu Beginn enttäuscht, weil nicht alles sofort klappt. Dieser Person würde ich sagen: Die Führungsrolle inne zu haben heißt leider nicht automatisch, dass man auch die entsprechende Akzeptanz der Mitarbeitenden erhält. Hier ist es wichtig, aktiv Vertrauen aufzubauen und die Mitarbeitenden zu empowern.

Wer jedoch von seinen Vorgesetzten eine Führungsposition angeboten bekommt, verhält sich oft anders. Relativ viele angehenden Führungskräfte wollen nicht von sich aus führen, sondern hören irgendwann einmal eine Frage wie „Möchtest du gerne mehr Verantwortung übernehmen?“. Hier zeigt sich bei vielen das Hochstapler-Syndrom. Diese Menschen haben das Gefühl, sie wären nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen und nicht etwa die beste Person für den Job. Sie hören auf ihr Bauchgefühl, das zunächst Nein sagt. Dieser Gruppe würde ich sagen: Das ist ganz normal. Ein gewisser Grad an Selbstzweifel zu Beginn ist ok, sofern man reflektiert, woher die Zweifel kommen.

Dazu fällt mir ein besonderes Erlebnis ein. Einmal trainierte ich einen angehenden Teamleiter mit einem ausgeprägten Impostor-Syndrom (Anm.: Hochstapler-Syndrom). Ich gab ihm das Feedback,  dass seine Fragen und Lösungsvorschläge darauf schließen lassen, dass er bestens für seine Aufgaben vorbereitet und geeignet ist. Daraufhin erzählte er mir, dass er aufgrund einer Lernschwäche keinen Hauptschulabschluss hat und glaubte, er wäre nichts wert. Die positiven Erfahrungen und Rückmeldungen im FIT-Training gaben ihm erstmals das Gefühl, gut genug zu sein und er freute sich auf sein neues Aufgabengebiet.

Haben Trainings immer auch einen psychologischen Aspekt?

Man kann sagen, dass sich in den letzten 25 Jahren Einiges verändert hat. In Führungskräftetrainings geht es nicht mehr vorwiegend um Wissensvermittlung. Heute ist man eher der Coach und leistet „Hilfe zur Selbsthilfe“. Konkret bedeutet das, dass Führungskräfte mit aktuellen Problemen zu uns kommen. Das können Zielvorgaben sein, aber auch Konflikte, schlechtes Feedback etc. Daraus kann dann das persönliche, konkrete Anliegen herausgearbeitet werden.

Menschenkenntnis und Psychologie sind wichtige Themen in der Führung. Ich bin mit fünf Geschwistern in einem Familienunternehmen aufgewachsen. Dadurch habe ich schon früh erfahren, dass Entscheidungen nicht nur sachlich-rationale sondern auch persönliche Aspekte haben. Welche Persönlichkeiten arbeiten gut einem Team zusammen? Wer hat welche Stärken? Wer braucht welche Art der Unterstützung?

Firmeninterne Trainings

Von der Komfort- in die Wachstumszone kommen

Worauf legen Sie in Ihren FIT-Kursen wert?

Wichtig ist, was die Teilnehmenden brauchen und nicht was ein Trainer vermitteln möchte. Deshalb arbeite ich immer mit den Zielvorstellungen des Auftraggebers und den aktuellen Praxisfragen der Teilnehmenden, die wir besprechen und gemeinsam klären. Es werden dazu bewährte klassische und neue agile Methoden vermittelt. Die Teilnehmenden können bereits erste Lösungen im Training bspw. in einem simulierten Mitarbeitergespräch ausprobieren. Denn Wissen heißt noch nicht Können. Und das Können zeigt sich erst in der Praxis.

Sie sprechen von Agilem Führen. Können Sie uns ein Beispiel für ein Tool geben, das man als Führungskraft leicht einsetzen kann?

Beim Agilen Führen geht es unter anderem darum, die Mitarbeiter:innen dazu zu befähigen, selbständiger und eigenverantwortlicher Entscheidungen zu treffen. In dem man ihnen mehr Verantwortung übergibt, empowert man sie auch. In der Praxis kann es vorkommen, dass Führungskräfte Probleme haben, Verantwortung abzugeben. Hier kann ein simples, aber effektives Tool helfen: Die „Ball zurück“-Technik:

Wenn ein:e Mitarbeiter:in eine Frage stellt, haben viele Vorgesetzte den Impuls, sie sofort zu beantworten. Wenn jemand schon knapp an der Lösung ist, muss man nicht sofort eine Antwort geben. Hier kann man den Ball zurück spielen, und nicht antworten, sondern neue Fragen stellen: Wie würdest du es machen? Was schlägst du vor? Was spricht dafür, was dagegen? Das führt nicht nur zu besseren Lösungen, sondern auch zu einer viel höheren Mitarbeiterzufriedenheit, da man einerseits das Vertrauen und andererseits die Stärken der Mitarbeitenden ausbaut.

Was gefällt Ihnen am Trainer:innenberuf?

Ich lerne spannende Persönlichkeiten kennen, die oftmals mit großen Herausforderungen zu kämpfen haben. Mir gefällt es besonders, wenn sie im Training erkennen, dass im Wort „Erwachsen“ das Wort „wachsen“ steckt. Probleme sind dazu da gelöst zu werden und manchmal auch, um an ihnen zu wachsen. Es ist schön, dass ich ihnen dazu viele Tools vermitteln kann, damit sie von der Komfort- in eine Wachstumszone wechseln können, ohne dazwischen in eine Panikzone abzudriften. Das hilft besonders bei den aktuellen Change- und Transformationsthemen.

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Fotos: ©freshidea – stock.adobe.com, Brigitte Stampfer Privat