Eine Geschichte, die das Leben schreibt: Sabine und Peter waren schon in der Kindheit von Technik fasziniert. Sie haben Radios oder Computer zerlegt und wieder zusammengebaut. Obwohl Sabines Eltern wenig begeistert waren und ihre Tochter lieber in einem für Frauen typischen Bildungsweg gesehen hätten, entschied sich die junge Dame für eine HTL. Sie ging mit Peter in dieselbe Klasse. Nach Abschluss der Schule absolvierten beide erfolgreich ein technisches Studium an der TU. Sie starteten ihre berufliche Karriere in einem renommierten österreichischen Unternehmen der Automotive-Industrie, wo unter anderem die Entwicklung elektronischer Steuerungen zu ihrem Aufgabengebiet gehörte. Sabine konnte sich schnell im Unternehmen profilieren. Peter jedoch hatte Probleme, sich ins Team zu integrieren, sowie mit seiner Arbeitsorganisation. Er verließ die Firma nach Ende der Probezeit. Stellt sich die Frage: Warum war Peter im Berufsleben weniger erfolgreich als Sabine, obwohl beide die gleiche Ausbildung absolviert hatten? War er nicht in allen Bereichen kompetent genug?

„Kompetenz“ – ein bildungspolitisches Schlüsselwort

Spätestens seit es die kompetenzorientierte Reifeprüfung – die Zentralmatura – gibt, ist der Begriff „Kompetenz“ in aller Munde. Sowohl in der Aus- wie auch in der Weiterbildung erleben wir einen Wandel vom Input- zum Outcome-System. Das heißt: Im Mittelpunkt des kompetenzorientierten Lernens  stehen nicht mehr die Inhalte, sondern die Fertigkeiten und Kompetenzen, über die Lernende letztlich verfügen sollen – die Lernergebnisse. Aber was ist Kompetenz eigentlich? Im Europäischen wie auch im Nationalen Qualifikationsrahmen (EQR, NQR) wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben. Kompetenzforscher John Erpenbeck definiert Kompetenz so: „Kompetenzen sind Fähigkeiten, in offenen Problemsituationen, unter ungenauen oder noch gar nicht vorhandenen Zielvorgaben selbstorganisiert und kreativ zu handeln.“

Und was unterscheidet Kompetenz von Wissen?

Wie moderne Kompetenzentwicklung gestaltet sein könnte, beschreibt Univ.-Prof. Dr. Rolf Arnold von der TU Kaiserslautern und wissenschaftlicher Begleiter bei der Entwicklung des WIFI-Lernmodells LENA in seinem gemeinsam mit John Erpenbeck verfassten Buch „Wissen ist keine Kompetenz“. Demnach fehlten dem Wissen und zumeist der Qualifikation das Erleben in der erfolgreichen Anwendung. Kompetenz braucht also Emotion – oder wie es der deutsche Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther in seinem bekannten Satz auf den Punkt bringt: „Ohne Gefühl geht gar nichts!“ Im Interview mit dem LENA-Magazin erklärt der Neurobiologe den Unterschied zwischen Wissen und Kompetenz so: „Wissen kann man sich durch Auswendiglernen aneignen, Kompetenzen nicht. Die erwirbt man nur durch eigenes Tun und eigene Erfahrungen.“

Das Wichtigste abseits aller Kompetenzdefinitionen:

Kompetenz ist erlernbar! Das WIFI-Lernmodell LENA, das lebendiges und nachhaltiges Lernen zum Ziel hat, fördert und unterstützt Lernende dabei, sich Handlungsfähigkeit in Seminaren zu erwerben, die aufgaben- und ergebnisorientiert gestaltet werden. Trainerinnen und Trainer fungieren dabei als Lernbegleiter, die mit Hilfe innovativer Lernmethoden ihre Seminare derart gestalten, dass die Entwicklung von Handlungskompetenzen (Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Soziale Kompetenz, Personale Kompetenz) ermöglicht wird. Und das macht richtig S.P.A.S.S.!  Auf diese Art und Weise kann man sich anhand praktischer Beispiele Know-how selbst erarbeiten – sozusagen erleben und begreifen – und sein Wissen später in der freien „beruflichen Wildbahn“ erfolgreich umsetzen. Und der Peter aus unserer Geschichte? Der hat zwar viel gewusst, in der Praxis hat ihm das aber wenig genutzt. Oder wie es Rolf Arnold treffend formuliert: „Man kann viel wissen und nichts können.“

TIPP: Die zweite Ausgabe des LENA-Magazins widmet sich voll und ganz dem Thema Kompetenz und praktischen Beispielen, wie Lernkompetenz und Handlungsfähigkeit gefördert werden können. Einfach lesen, mehr wissen – und vielleicht bald mehr können!