Welche Weiterbildungsbedürfnisse weckt die Krise in Unternehmen? Und welche Lehren kann das Management daraus ziehen? Diese Fragen haben wir Christian G. Majer im Interview gestellt. Der studierte Sozialwissenschaftler, Coach, Berater und Management-Experte arbeitet u.a. zu den Themen Projektmanagement, Prozessmanagement und Qualitätsmanagement. Er arbeitet nach einem performanceorientierten Ansatz. Was das bedeutet, erklärt er im Interview.
Interview: „Es geht darum, in Organisationen einen Ausgleich zu schaffen“
WIFI-Blog: Herr Majer, welche Themen werden bei Ihnen in Zeiten vielfältiger Krisen verstärkt nachgefragt?
Christian G. Majer: Ich beobachte, dass Unternehmen ihre Tätigkeiten stärker in Frage stellen. Zu dieser Situation haben nicht nur gegenwärtige Krisen oder Corona geführt, sondern auch die Digitalisierung. Gerade bei der Digitalisierung halte ich es für wichtig, Bestehendes nicht in bloß in neue digitale Formen zu pressen. Es geht darum, was Unternehmen aus diesen Herausforderungen lernen können. Bezogen auf firmeninterne Trainings heißt das: Projektmanagement, Prozessmanagement und Qualitätsmanagement sollten nicht als voneinander abgegrenzte Bereiche betrachtet werden, sondern aus einem integrativen Managementverständnis heraus. Wie hängen diese Themenkomplexe zusammen? Wie kann ich Maßnahmen gemäß einer Unternehmensstrategie umsetzen? Wie kann ich sie in Projekte oder neue Standards überführen und Routinen neu formulieren? Welche Schlüsse kann ich für das Wissensmanagement daraus ziehen?
Ich nenne dies in meiner Praxis den performanceorientierten Ansatz oder die Performance fokussierte Organisation. Oft ist das Ziel von firmeninternen Trainings Best Practises zu schaffen. Es geht darum, in Organisationen einen Ausgleich zu schaffen und – über Unternehmensbereiche hinweg – fokussiert zusammenzuarbeiten. So gelingt es, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten Stabilität und Orientierung zu bieten.
Sie arbeiten zu Themen wie Projektmanagement, Prozessmanagement und Wissensmanagement. Wo orten Sie Potenziale, die österreichische Unternehmen in diesem Bereich noch heben können?
Es lassen sich bestimmt Potenziale heben im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, Stichwort Lessons Learned. Dabei geht es darum, neue Erkenntnisse und Erfahrungen, die durch Maßnahmen gewonnen werden, stärker zu reflektieren und aufzunehmen.
Generell wird aktuell viel von Agilität im Management gesprochen. Konkret bedeutet das, weniger in Hierarchien zu denken und Teams eigenständiger arbeiten zu lassen, damit sie sich entwickeln können. Das Management gibt lediglich Ziele vor, neuerdings auch unter OKR – Objectives & Key Results bekannt. Das ist schön und gut, allerdings nicht so neu wie man denkt. Schon in den 60er Jahren entstand das Konzept „Management by objectives“ von Peter Drucker. Letztlich zeigt sich in diesen Entwicklungen, dass sich die Rolle von Führungskräften verändert. Das bewältigen manche leichter und manche schwerer. Für Führungskräfte geht es darum, Kontrollbedürfnisse einzuschränken und loszulassen, damit Teams ihre volle Wirksamkeit und Effizienz entfalten können. In diesen Bereichen gibt es viel Potenzial: Agilität, Selbstorganisation, auch „New Work“, wie z.B. das eigenverantwortliche Arbeiten im Home Office.
Firmeninterne Trainings
„Trainings können zur Sinnstiftung beitragen“
Sie sind als Berater und Trainer sehr breit aufgestellt. Welche Vorteile haben firmeninterne Trainings gegenüber offenen Trainings?
Früher war ich in einem Telekomunternehmen für Bereiche wie Projektmanagement, Prozessmanagement und Wissensmanagement verantwortlich. Wenn ich für interne Trainings als externer Partner hinzugezogen werde, bedeutet das immer in eine Unternehmenskultur einzutauchen. Durch interne Trainings lassen sich Themen verstärken und besser verankern. Im Gegensatz zu offenen Trainings werden die unternehmenseigenen Spezifika berücksichtigt und es wird stärker auf daraus abgeleitete Bedürfnisse eingegangen. Ein firmeninternes Training ist sozusagen „customized“.
Arbeiten Sie bei Inhouse Trainings in der Regel nur mit Führungskräften oder auch mit Mitarbeiter:innen auf anderen Ebenen?
Am WIFI Management Forum richten sich meine offenen Trainings vorwiegend an Führungskräfte bzw. an Mitarbeiter:innen, die eine Führungsrolle z.B. in Projekten einnehmen. Das ist relativ homogen. Bei firmeninternen Trainings hängt es sehr stark vom Thema ab. Wenn ein Grundverständnis für Managementthemen vorausgesetzt wird, arbeite ich mit Führungskräften oder Projektleiter:innen. Geht es allerdings um Prozessoptimierungen oder Teambuildings, kann es auch andere Zusammensetzungen geben. Zum Beispiel kann eine Führungskraft in einem Setting gewissermaßen eine Sonderrolle einnehmen. Die Möglichkeiten sind breit gefächert.
Was gefällt Ihnen am Trainerberuf?
Am meisten fasziniert mich zu beobachten, wie Teilnehmer:innen im Verlaufe eines Trainings aufblühen, ihre versteckten Potentiale sichtbar werden und Teams entstehen, die nicht nur sehr produktiv Aufgaben lösen, sondern auch Spaß dabei haben. Und besonders schön ist es, wenn ich am Ende eines Trainings den Eindruck habe, ein kleines Samenkörnchen gesät zu haben, das Menschen und Unternehmen ein Stückchen in ihrer Performance und Wirksamkeit weiterbringt.
Welches Aha-Erlebnis hatten Sie persönlich in einem Firmen-Intern-Training?
Einmal kam am Ende eines Trainings eine Teilnehmerin zu mir und gab mir ein besonderes Feedback: „Ich habe ein sehr trockenes, technisches Training erwartet. Aber das, was wir gemacht haben, war auch lustig!“ Sie schilderte mir, wie sie plötzlich hinter den ganzen Schlagworten, Formularen und Prozessen einen Sinn erkannt hat. Das hat mich sehr gefreut, weil mein Training so auch zur Aufklärung und Sinnstiftung beigetragen hat und die Dame für sich persönlich etwas mitnehmen konnte.
Firmeninterne Trainings
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