Genetiker Markus Hengstschläger warnte bereits in seinem Buch vor der „Durchschnittsfalle“. Am WIFI-Trainerkongress hält er die Keynote. Wieder zu seinem Thema: „Klasse ist besser statt Masse“. Talente könne man nur entdecken und fördern, wenn man den Mut zu echten Innovationen aufbringt. Wir haben ihm für den WIFI-Blog ein paar Fragen gestellt.

WIFI-Blog: Wie stark beeinflussen genetische Voraussetzungen die Kompetenzen eines Menschen?

Hengstschläger: Prinzipiell wird alles, was das Bilden, Aus- und Weiterbilden betrifft, auch genetisch beeinflusst. Es fällt mir dort leichter, wo ich aufgrund bestimmter Leistungsvoraussetzungen das Verständnis leichter aufbringe. Aber gerade bei der Kompetenz gilt ein Satz, den ich immer wieder sage: Der Mensch ist nicht auf seine Gene reduzierbar. Gene sind maximal Bleistift und Papier, aber die Geschichte schreibt jeder selbst. Bei der Kompetenz, glaube ich, ist der Anteil dessen, wie sehr ich meine Geschichte schreibe, 90 Prozent, wenn nicht mehr. Weil Kompetenz nicht die Leistung ist, sondern das Wissen über einen bestimmten Bereich.

Reicht Wissen allein, um etwas zu können?

Hengstschläger: Wenn jemand viel weiß, kann er etwas, aber das heißt noch nicht, dass er etwas Neues schafft. Ein Beispiel: Wenn ein Student bei mir in allen Fachbereichen der Genetik lauter Einser hat, wird man sagen: Der kennt sich aus, der ist hochkompetent. Er muss aber aus dieser Kompetenz auch etwas machen.

Wenn er seine Talente nur einsetzt, um etwas zu machen, was es ohnehin schon gibt, hat er seine gesamte Kompetenz für nichts erworben. Die größte Verschwendung von Talent ist für mich, wenn man es ausschließlich dafür nutzt, etwas zu machen, was es schon gibt. Man muss neue Wege gehen und dafür alte Wege verlassen.

Wenn wir Innovationen wollen, reicht also Kompetenz alleine nicht aus?

Hengstschläger: Ja. Es gehören auch Dinge wie Mut und Risikobereitschaft oder eine ordentliche Fehlerkultur dazu. Denn wer innovativ sein will, muss Fehler machen dürfen.

Warum tun sich viele Menschen so schwer damit, neue Wege zu gehen?

Hengstschläger: Weil wir es ihnen beigebracht haben. Schon im Kindergarten werden Kinder nicht dafür gelobt, dass sie ein rundes Haus mit einer runden Tür zeichnen. Sondern umso mehr, je näher ihr ursprüngliches Haus dem durchschnittlichen Haus kommt. Und was ist dieses durchschnittliche Haus? Es ist rechteckig, hat zwei Fenster, zwei Türen, ein Dach und einen Rauchfang. Dabei braucht es Menschen, die Häuser zeichnen, welche die Welt noch nicht gesehen hat. Hier wird also etwas Wichtiges zerstört: Kreativität, die wir brauchen – in der Politik, in der Wirtschaft, überall.

Wenn man neue Wege gehen will, muss man kreativ sein. Sich also auch von dem Wissen, das man hat, lösen zu können und zu sagen: Ich wende es an, aber was ich daraus mache, ist meine Sache.

Kann man Kreativität und Mut lernen?

Hengstschläger: Ich glaube nicht, dass das in einem steckt. Vielmehr bin ich aus eigener Erfahrung überzeugt, dass man das lernen kann. Ich hatte das Glück, dass meine Eltern, Lehrer und Trainer mich dazu motiviert haben, etwas zu machen, was es vorher noch nicht gegeben hat. Daher behaupte ich, so etwas ist nicht genetisch, sondern da kann man viel weitergeben, indem man sagt: Trau dich! Natürlich braucht es aber auch Fleiß und Konstanz – sprich: Man muss üben, üben, üben. Und am besten das, worin man gut ist.

TippTipp: WIFI-Trainerkongress 2018

Um Innovation geht es beim WIFI-Trainerkongress. Markus Hengstschläger ist nur einer von vielen Experten, die zum Motto  „#Lernen ist Vielf@lt!“ sprechen. Hochkarätige Speaker/innen beschäftigen sich mit dem Lernen in der digitalen Welt.

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