Nach der Matura ist der Weg für viele vorgezeichnet. Er führt direkt auf die Uni in ein Studium. Doch ist dieser Weg der richtige? Wäre praktische Berufserfahrung nicht aufregender und lehrreicher? Viele hinterfragen erst, wenn es zu spät ist und sie schon jahrelang in die falsche Richtung getigert sind.
Neu: Die Duale Akademie
Doch nun gibt es ein neues Angebot. Die Duale Akademie verbindet die Berufsausbildung einer Lehre mit dem Anspruch von AHS-Maturanten/innen. Neben der Ausbildung absolvieren die Teilnehmenden ein spezielles Ausbildungsprogramm – und schaffen so den Berufseinstieg mit Leichtigkeit. Doch wie läuft das genau ab? Diese und viele weitere Fragen haben wir Melanie Pirklbauer gestellt. Sie ist die Leiterin des Bundesbüros zur Dualen Akademie.
Interview: „Bisher war die Lehre nach der Matura kein Aufstieg. Das ist jetzt anders!“
WIFI-Blog: Warum gibt es die Duale Akademie?
Melanie Pirklbauer: Der Fachkräftemangel ist kein neues Phänomen. Bereits seit einigen Jahren zeigt sich, dass die Matura als Ausbildungsweg immer wichtiger wird. Statistische Zahlen belegen, dass bis 2035 bis zu 60 Prozent der Jugendlichen die Matura machen werden. Bisher haben sich jedoch nur wenige Maturantinnen und Maturanten für eine Lehre entschieden. Bereits seit 2017 wurde deshalb in Oberösterreich überlegt, wie man die Berufsausbildung attraktiver machen kann.
Neu ist vor allem die Zielgruppe. Die Duale Akademie wendet sich an AHS-Maturantinnen und Maturanten, aber auch Studienabbrecher/innen und Umsteiger/innen, die bisher nicht die richtige Ausbildung für sich gefunden haben. Die Zugangsvoraussetzung zum Trainee-Programm ist deshalb auch eine AHS-Matura, aber auch eine BHS-Matura erlaubt unter gewissen Voraussetzungen eine Teilnahme.
Bereits 2018 konnten wir mit dem Pilot in Oberösterreich starten, 2019 kam Salzburg, und 2020 kamen Wien und Vorarlberg hinzu. 2021 wurde der Startschuss für die bundesweite Ausrollung gesetzt.
Zunächst werden vier Berufsbilder angeboten, die am Arbeitsmarkt stark nachgefragt werden, aber auch für Maturantinnen und Maturanten attraktiv sind: Mechatronik, Elektrotechnik, Speditionskauffrau/-mann sowie Applikationsentwicklung – Coding. Diese Berufe werden in einem Abstimmungsprozess laufend erweitert, an dem neben Betrieben auch die Bundessparten beteiligt sind.
Warum sollte ich mich als Maturant/in für die Duale Akademie entscheiden?
Die Duale Akademie vereint den Berufseinstieg mit einer modernen, zukunftsweisenden Ausbildung. Denn das Angebot geht weit über die Lehre hinaus. Die Trainees erwerben Schlüsselkompetenzen und Zusatzqualifikationen. Außerdem setzen sie sich in einer Projektarbeit vertiefend mit der betrieblichen Tätigkeit auseinander. Besonders attraktiv ist das Auslandspraktikum, das die Trainees in einem ähnlichen Unternehmen im Ausland absolvieren. Hier arbeiten wir mit dem IFA (Internationaler Fachkräfteaustausch) und dem Programm Erasmus+ zusammen.
Die ersten Trainees aus Oberösterreich haben ihre Ausbildung schon abgeschlossen. Wie sind die Rückmeldungen?
Die Stimmung unter den Absolventen/innen ist einhellig positiv. Die Teilnehmer/innen waren froh, den Berufseinstieg geschafft zu haben. Sie haben in kompakter Form eine Berufsausbildung und Schlüsselkompetenzen erworben, die sie langfristig fördern und als zukünftige Führungskräfte qualifizieren.
Auch die teilnehmenden Unternehmen sind zufrieden. Sie können die Trainees z.B. viel früher zu Kunden schicken, weil sie umfassendere persönliche Kompetenzen mitbringen als Lehrlinge. Das ist auch der Grund, warum wir die Teilnehmer/innen „Trainees“ nennen und nicht Lehrlinge. Bisher war die Lehre für Personen mit Matura kein Aufstieg. Das ist mit der „Dualen Akademie“ anders.
Duale Akademie
„Die Trainees erhalten ein attraktives Einstiegsgehalt“
Welche Personen haben in OÖ teilgenommen?
Die Trainees hatten ein Durchschnittsalter von 22, sind also bereits etwas älter. Viele von ihnen haben Zivildienst und Bundesheer bereits hinter sich gebracht. Circa ein Drittel bewirbt sich direkt nach der Matura, jeweils ein Drittel sind Studienabbrecher/innen oder Umsteiger/innen.
Ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung ist sicher die Vergütung. Was dürfen zukünftige Trainees in diesem Bereich erwarten?
Die Vergütung ist höher als ein herkömmliches Lehrentgelt. Die Trainees erhalten ein attraktives Einstiegsgehalt, das sich am KV für Hilfskräfte der jeweiligen Branche orientiert. Für Betriebe ist wichtig, dass hier die Förderung AMS 18+ in Anspruch genommen werden kann. Im Rahmen des Programms 18+ werden Berufsausbildungen für Erwachsene unterstützt. Voraussetzung dafür ist, dass die Personen als lehrstellensuchend beim AMS gemeldet sind.
Worum geht es beim zusätzlichen, außerbetrieblichen Weiterbildungsangebot den sogenannten Zukunftskompetenzen?
Hier geht es um Querschnittsthematiken und Schlüsselkompetenzen, die in jedem Beruf gebraucht werden. Im Vordergrund steht die Frage: Welche Kompetenzen brauchen Mitarbeiter/innen in Zukunft? Auf dem Lehrplan stehen soziale und Selbstkompetenzen wie Projektmanagement, digitale Kompetenzen wie IT-Security oder der Europäische Computerführerschein ECDL sowie Internationales wie Business English und Interkulturelle Kompetenz. Vor allem die sozialen und digitalen Kompetenzen werden trainiert. Das bringt für den Arbeitsalltag viele Vorteile.
Wie kann man sich für die Duale Akademie bewerben?
Der Bewerbungsprozess ist de facto wie bei einer normalen Lehre. Das Recruiting übernehmen die Betriebe, die die besten Bewerber/innen auswählen. In Zukunft wird es auch eine Online-Plattform geben, die laufend aktualisiert wird, auf der alle vakanten Stellen ausgeschrieben sind. Teilnehmende Betriebe brauchen einen Feststellungsbescheid und müssen die Kriterien für die Duale Akademie erfüllen.
Duale Akademie
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