Viele haben nagelneue, professionelle Spiegelreflexkameras zu Hause. Aber heißt das auch, dass viele professionell fotografieren können? Fotografie-Meister Gerald Macher würde dies mit Nein beantworten. Klar gelinge selbst ungeübten Fotografen manchmal ein Schnappschuss, erzählt er uns im WIFI-Interview. Meisterhafte Arbeit zeige sich aber daran, auch bei widrigen Umständen Qualität zu liefern. Deshalb unterrichtet Gerald Macher in der Meisterklasse Fotografie: Damit das Qualitäts-Level der Branche noch weiter steigt.
Sie beschreiben die Umstellung auf Digitaltechnik als großen Umbruch. Was hat sich genau für Ihre Arbeit verändert?
Die meisten Veränderungen waren positiv. Wenn ich digital fotografiere, kann ich sofort eine Endkontrolle durchführen. In Zeiten der Negativ- und Positiventwicklung war das noch nicht so. Außerdem fällt das komplette Labor weg. Andererseits ist die elektronische Bildbearbeitung hinzugekommen.
Vorher spielte Elektronik und EDV bei uns keine große Rolle. Nachdem wir eine ordentliche Aufnahme abgeliefert hatten, war der Auftrag erfüllt. Mit der Digitalfotografie hat sich der gesamte Workflow verändert. Wir bearbeiten die Bilder und stellen sie den anschließenden Gewerken zur Verfügung: Layoutern, Grafikern, Druckereien. Anfangs war das eine große Umstellung, weil noch keine internationalen Standards etabliert waren.
Was ist das Schwierigste am Schritt vom Hobby- zum Berufsfotograf?
Das Schwierigste ist sicher, ansprechende, gleichbleibende Qualität zu bieten. Hobbyfotografen produzieren am Anfang nach dem Motto „Drück‘ drauf und es passt“ – und erwischen sicher das eine oder andere Motiv. Der professionelle Anspruch ist aber, diese Qualität immer wieder zu bringen – mit der richtigen Technik und Ausstattung.
Außerdem: Ein Amateur interpretiert immer eine Szene nach seiner Vorstellung. Als Profi-Dienstleister muss ich aber in der Lage sein, die Vorstellung des Auftraggebers zu übernehmen. Man muss lernen, die eigenen Befindlichkeiten zurückzuschrauben. Das ist für viele nicht ganz einfach.
Viele vertrauen auch zu sehr auf ihr Equipment: „Irgendeine der 30 Belichtungen wird schon passen“. Doch Kamera und Computer können nicht alles. Auf Fotografen lastet nämlich auch Verantwortung. Wenn ich von 60 Kindern bei einer Erstkommunion je drei tolle Fotos machen muss, brauche ich solides Handwerk. Denn hinterher alles mit der Software auszubessern, kostet vor allem wertvolle Zeit.
Welche fünf Tipps würden sie Hobby-Fotografen geben?
- Beherrsche dein Equipment! Der Mensch sollte die Technik beherrschen, nicht umgekehrt.
- Die Auseinandersetzung mit Theorie lohnt sich! Wer gute Ergebnisse will, muss Hintergrundwissen haben – und etwas über Objektive, optische Gesetze, elektronische Bildbearbeitung, Farbenlehre und vieles mehr wissen. Denn nur damit kann ich meine Vorstellung umsetzen. Wer einen Sonnenuntergang oder ein Feuerwerk fotografieren will, muss wissen, wie Analogfotografie funktioniert – damit es digital gut rüberkommt.
- Das richtige Equipment für die eigenen Bedürfnisse: Beim Einkauf sollte man wissen, worauf man sich spezialisieren will – Landschaften, Porträts, etc. Was nützen technische Möglichkeiten, wenn man sie nicht einsetzt?
- Mit neuen Medien die Kreativität voll ausschöpfen! Wer mit Rohdaten ausliest und bearbeitet, kann sehr viel aus seinen Daten herausholen. Mit Photoshop und Lightroom gute Ergebnisse zu erzielen und sein Können zu erweitern macht Spaß.
- Flexibel und mobil bleiben! Als Hobby-Fotograf ist man von niemandem abhängig – weder von Auftraggebern noch Großlabors. Diese Freiheit sollte man nutzen!
Im Jahr 2013 wurde die Gewerbeordnung gelockert. In welchen Bereichen haben Berufsfotografen heute Chancen?
Ich formuliere es anders: Der ausgebildete Fotograf findet sehr gute Chancen vor. Er ist dem Amateur technisch und psychologisch überlegen. Das zeigt sich vor allem, wenn es um spezielle Kundenwünsche geht. B2B-Kunden achten auch heute noch auf eine gute Ausbildung, mittlerweile gibt es dafür auch eine ISO-Zertifizierung. Die Prüfung dafür dauert 5 Tage lang – zuerst schriftlich, dann ein dreitägiger Praxisteil.
Man kommuniziert dem Kunden damit: Ich weiß‘ was ich tue, wenn ich deine Produkte inszeniere. Dabei geht es längst nicht nur um Technik. In unserer Meisterklasse geht es auch um Themen wie Farb- und Kundenpsychologie, Konfliktmanagement, moderne Bildsprache, Composing – dazu das technische Basiswerkzeug. Das alles braucht man, um professionell mit Bildern Geschichten zu erzählen.
Vielen Dank für das Interview!
Die Meisterklasse Fotografie ist eine weiterführende Fotografie-Ausbildung in sechs Bundesländern. Hier gibt es Infos, Links und Termine.