In Zeiten des permanenten Wandels sind wir gefordert wie noch nie, Schritt zu halten. Doch wir können unsere Veränderungsfähigkeit bewusst trainieren und ein Mind&Do-Set entwickeln, das uns zu Co-Gestalter:innen macht. Mit diesen 13 zutiefst menschlichen Super Skills rüsten wir uns im Tech-Zeitalter für den Wandel. Unsere Gast-Autorin, Journalistin und Kommunikationsberaterin Nicole Thurn beschreibt in einem Gastbeitrag, welche Fähigkeiten uns bei großen Veränderungen helfen können.
Das Leben ist Veränderung – und nur mit und in ihr entwickeln wir uns weiter. Im Tech-Zeitalter des 21. Jahrhunderts sind 13 menschliche „Super Skills“ notwendiger denn je, damit der Wandel zum Besseren gelingt – egal ob privat, im Job, im Team oder in der Organisation.
Super-Skills für die Gestaltung einer erfüllenden Arbeit
1. Selbst-Sinn
Die Komplexität unserer Zeit fordert uns alle. Mitarbeitende müssen und dürfen sich tendenziell immer stärker selbst führen und managen, selbstständig Entscheidungen treffen und sich in Projekten proaktiv einbringen. Je reflektierter sie ihre Sinnerfüllung, ihre Talente, Bedürfnisse, Stärken, Schwächen und persönliche Grenzen kommunizieren, desto wertvoller sind sie als Gestalter:innen – und desto erfüllender für sich selbst können sie ihre Arbeit mitgestalten.
Die zentrale Frage der New-Work-Philosophie lautet dabei: Was willst du wirklich, wirklich (bewirken)? HR-Verantwortliche und Führungskräfte können diese Reflexion in Meetings und kreativen Formaten anstoßen.
2. Abundance and Growth Mindset
Wir werden in der westlichen Gesellschaft von Kindesbeinen an im Mangeldenken des „Höher, Weiter, Schneller“ geprägt, das uns suggeriert, nie genug zu haben und nicht genug zu sein – das führt zu Ellbogenmentalität, Optimierungszwang bis hin zu Selbstausbeutung und Burnout.
Eine Alternative bietet das „Growth and Abundance Mindset“: Indem wir uns auf Ressourcen und unendliche Möglichkeiten besinnen, eröffnen sich neue Chancen und Win-Win-Gelegenheiten. Für HR und Führungskräfte bedeutet das, eine „Abundance & Growth“-Kultur zu etablieren: Der Fokus liegt dann nicht auf der Frage ob etwas geht, sondern wie es gehen könnte. Führungskräfte werden hier zu „Enablern“ einer „Can do“-Mentalität.
3. Fokus,- Flow- und Zeit-Genius
Die wichtigste Ressource, die nicht mehr nachwächst, wenn sie uns genommen wird, ist die Zeit. Im Zeitalter der maximalen Ablenkungen und der zunehmenden Arbeitsverdichtung wird es allerdings immer schwieriger, fokussiert und produktiv zu bleiben. Wir müssen Zeit als wichtigste Ressource im Unternehmen begreifen, Zeitfresser etwa in Meetings und in Arbeitsabläufen identifizieren und die Arbeitsweisen soweit möglich an die menschliche Produktivitätsleistung anpassen – mit entsprechenden Fokus- und Erholungsphasen.
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Super-Skills für mehr Zusammenhalt und Erfolg in der Transformation
4. Emotionale Veränderungsintelligenz
Wir können den Wandel mit Weinen, Wut und Widerstand weiterentwickeln. Emotionen sind Teil des Wandels, daher ist es so wichtig, Veränderungsprozesse gut zu kommunizieren, um möglichen Ängsten und Vorbehalten den Wind aus dem Segel zu nehmen.
Das ist sogar gut so, denn: Die größten Kritiker:innen können sogar sehr wertvoll für den Erfolg der Transformationen sein. Dabei hilft Dialog auf Augenhöhe und das Sammeln von Einwänden und kritischen Punkten.
5. Verbundenheitskompetenz
Die Fähigkeit, sich mit sich selbst, der Natur und mit anderen Menschen zu verbinden, bringt uns Stabilität und Kraft und lässt uns Krisen gelassener durchstehen. Eine Verbundenheits-Kultur schaffen wir in Unternehmen dann, wenn wir die Bedürfnisse der Menschen ernst nehmen (etwa mit den Fragen „Was willst du?“ und „Was brauchst du?“) und präsent mit ihnen sind.
Touchpoints für Verbundenheit gibt es in Unternehmen allernorts: im Bewerbungsverfahren und Onboarding, in der täglichen Zusammenarbeit, bei Mitarbeitergesprächen und Gehaltsverhandlungen. Dabei hilft die Frage: Trennt die Maßnahme uns voneinander oder verbindet sie uns?
6. Integrale Kommunikation
In einer komplexen Welt gibt es keine einfachen Lösungen. Erst wenn wir uns davon lösen, immer Recht haben zu wollen, und wenn wir Perspektivenvielfalt erlauben, können wir dieser Komplexität gerecht werden. Integrale Kommunikation bedeutet, die Vogelperspektive einzunehmen, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren und in ein größeres Ganzes zu integrieren. Offenheit, Ehrlichkeit, ein gewisses Maß an Verletzlichkeit und eine Sprache auf Augenhöhe sind wichtig, um einen sicheren Raum zu schaffen, damit Menschen sich auch trauen, ihre Perspektiven zu teilen.
7. Habits Change
Wir alle hadern mit guten Vorsätzen und der Umsetzung neuer Gewohnheiten. Doch wir können auch bewusst mit verschiedenen Tricks neue Gewohnheiten etablieren – indem wir sie etwa auf bestehende andocken. Gemeinsame Rituale im Unternehmen helfen dabei, einen neuen sicheren Rahmen zu schaffen.
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Super-Skills für mehr Innovationskraft in den Unternehmen
8. (R)Evolutionäre Agilität
In Veränderungsprozessen ist unser Gehirn gefordert, agil zu handeln, sich an die Gegebenheiten anzupassen und neue Wege auszuprobieren. Das Verlassen der Komfortzone führt in der Regel zu Irritationen, weil das menschliche Grundbedürfnis nach Sicherheit unerfüllt bleibt. Wir können unser Gehirn jedoch in Sachen Agilität mit kleinen Veränderungen trainieren.
9. Veränderungsmut
Habe den Verstand, dich deines Mutes zu bedienen: so könnte das Credo des 21. Jahrhunderts lauten. Meine These ist: Veränderungsmut wird oft durch falsche Glaubenssätze und eine abstrafende Fehlerkultur blockiert. Eine Unternehmenskultur, die den Veränderungsmut der Führungskräfte und Mitarbeitenden fördert, produziert wie von selbst mehr Innovation, Kreativität und damit neue Lösungen für Geschäftsfelder und Arbeitsweisen. Experimentiergruppen und Creative Spaces bieten Raum fürs Ausprobieren.
10. Enoughism
In der Welt des „Höher, Schneller, Weiter“ haben wir rasch das Gefühl, nicht genug zu haben – und nicht genug zu sein. Das hält uns davon ab, Fehler zu machen, zu experimentieren und uns nach vorne zu scheitern. Enoughism ist das Gegenteil: Wir sind und haben genug, um los zu starten – auch wenn wir noch nicht wissen, wie genau der Weg verlaufen wird. Das bedeutet auf Ebene der Unternehmenskultur, den Menschen den Freiraum und die Ermutigung zu geben, Neues auszuprobieren, Tools zu testen und Projekte zu initiieren. Dreh- und Angelpunkt sind Führungskräfte, die Enoughism vorleben.
11. Inspired Intuition
Die Ratio hilft nur zu einem Teil dabei, richtige Entscheidungen zu treffen – und selten bringt sie uns zu neuen, überraschenden Ideen und Lösungen. Unsere Intuition auch abseits des Erfahrungswissens im Sinne eines „Aha“-Moments anzuzapfen, ist dann möglich, wenn wir Freiräume schaffen. Dazu gehört, freie Arbeitszeit für kreative Projekte zu ermöglichen, die Arbeit an „Third Places“ in der Natur oder in Urlaubsorte zu verlegen, Inspiration durch den Austausch mit spannenden Menschen außerhalb des Unternehmens zu fördern.
12. Co-Kreativität
Wir benötigen in Unternehmen Communities und co-kreative Initiativen, die vielfältige Ideen, Wissen und Erfahrungen zusammenbringen. Graswurzelbewegungen aus der Mitte der Belegschaft sorgen für Verbesserungen in der Arbeits- und Produktwelt. Wenn das Management den entsprechenden Rahmen schafft und zu Co-Kreativität ermutigt, kann das zu Innovation führen. Aus kleinen mentalen Mücken – also ersten Ideen – entstehen so rosa Elefanten, große Visionen, die dann umgesetzt werden.
13. KI-Kumpel-Kompetenz
Die neue Arbeitswelt wird von Künstlicher Intelligenz unvorstellbar verändert werden. Wir benötigen mündige Menschen, die mit KI kritisch, aber auch neugierig experimentieren und sich den Umgang mit den entsprechenden Tools aneignen, um Innovation in Zusammenarbeit und Produktion zu fördern. Die KI wird so zum Kumpel, der die eigene Arbeit erleichtert, sich aber in seiner Loyalität noch beweisen muss. Unternehmen könnten KI-Bootcamps und Think Tanks etablieren.
Das Beste an den 13 Super Skills ist: Wir alle haben sie bereits mehr oder weniger ausgeprägt in uns – wir können sie schon in kleinen Schritten in uns und im Unternehmen fördern.
Autorin: Nicole Thurn
Nicole Thurn arbeitete fast ein Jahrzehnt bei einer großen österreichischen Tageszeitung, davon sieben Jahre als Karriere- und Business-Journalistin. 2016 gründete die Wahl-Wienerin NewWorkStories.com – das Magazin für die neue Arbeitswelt, das sich mit Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung der neuen Arbeitswelt auseinandersetzt. Seit 2017 ist sie als freie Journalistin und selbstständige Kommunikationsberaterin zum Thema Neue Arbeitswelt unterwegs.
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Foto © Tatiana Weber sowie Shot zum Buch © Gabal Verlag