„Im Sommer mach‘ ich ein Praktikum“  oder „Mir fehlt noch das Praktikum“ sind Sätze, die man von jungen Menschen oft hört. Dabei ist Praktikum ist nicht gleich Praktikum. Es gibt viele Unterschiede:

  • freiwillige Praktika , um einen Beruf kennenzulernen
  • ausbildungsbezogene Pflichtpraktika (dazu zählen auch Ferialpraktika) und
  • Praktika, die eigentlich keine sind, z.B. Praktika für Hochschulabsolventinnen und -absolventen (Graduiertenpraktika).

Letztere haben auch einen schlechten Ruf. Denn viele entscheiden sich für ein Praktikum, das gar nicht oder nur schlecht bezahlt ist. Häufig übernehmen Praktikanten dabei Aufgaben, die weit über die eines unbezahlten Praktikums hinausgehen – und warten vergeblich auf die Fixanstellung. Stichwort: Generation Praktikum. So soll es natürlich nicht sein!

Hannah aus der US-Serie Girls arbeitet seit Ewigkeiten als Praktikantin – unbezahlt

Sollte ein Praktikum bezahlt werden?

Wenn ein Praktikum über reines Schnuppern oder Ausbildung hinausgeht, gilt: Arbeit sollte bezahlt werden! Auch ein Praktikum ist ein normales Arbeitsverhältnis, das nach Kollektivvertrag zu entlohnen ist.

Viele müssen auch ein Praktikum machen, weil es als Teil der Ausbildung zählt. Dieses verpflichtende Berufspraktikum ist weitaus klarer definiert und betrifft vor allem Schüler/innen von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Worauf  man achten muss, erklärt eine kurze Führung durch die Welt des Pflichtpraktikums:

Was ist ein Pflichtpraktikum?

Im Lehrplan vorgeschrieben, gilt das Pflichtpraktikum eigentlich als ganz gewöhnliches Arbeitsverhältnis. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag umfasst alle rechtlichen Aspekte wie Kollektivvertrag, Fixierung des Lohns, Jungendlichenbeschäftigungsgesetz usw.

Was verdient man bei einem Pflichtpraktikum?

Das Entgelt ist grundsätzlich sehr stark branchenabhängig.

Aber: Nicht jedes Pflichtpraktikum muss automatisch entlohnt werden! Entscheidend ist dabei ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein Ausbildungsverhältnis handelt. Ein Ausbildungsverhältnis muss nicht bezahlt werden – wenn alle Vereinbarungen eingehalten wurden und es sich nicht um eine Mischform handelt, wie es in der Praxis oft üblich ist.

Ein entlohntes Arbeitsverhältnis hängt davon ab, ob man sich an geregelte Arbeitszeiten halten muss, persönlich in den Arbeitsprozess integriert ist oder einer Weisungspflicht bezüglich aufgetragener Arbeiten unterliegt.

Wie findet man ein Pflichtpraktikum?

Meist gibt es in der Schule konkrete Ansprechpersonen, die bei Bewerbung und auch später im Laufe des Praktikums helfen können, z.B. bei auftretenden Fragen oder Problemen. Eine Liste mit möglichen Praktika-Stellen sollte zudem in jeder Schule aufliegen und zugänglich sein. In Wien gibt es eine eigene Börse für Pflichtpraktika im industriellen Bereich. Natürlich ist es nie verkehrt, Familie und Freunde um Unterstützung zu bitten. Auch ein guter Tipp: Ältere Schüler/innen fragen, die bereits ein Praktikum absolviert haben.

Hat man eine Stelle gefunden, ist es wichtig, im Vorhinein Vereinbarungen zu treffen. Und zwar am besten schriftlich. In einem Ausbildungs- bzw. Arbeitsvertrag werden beispielsweise Arbeitszeiten und Entgeltzahlungen, Ausbildungs- und Lernziele sowie Konditionen zu Unterkunft und Verpflegung vereinbart. Hier also immer genau hinschauen, auch das Kleingedruckte lesen und Fragen stellen, wenn etwas unklar ist!

Hat man sich gut darauf vorbereitet, ist alles abgeklärt, dann kann‘s losgehen!

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Was muss ich während des Praktikums beachten?

Während des Praktikums ist es wichtig genau zu beobachten und sich Notizen zu machen: Stimmt alles so, wie es in der Praktikumsvereinbarung festgehalten wurde? Vor allem das genaue Dokumentieren von Arbeitszeiten und Pausen ist sehr wichtig: Die Aufzeichnungen benötigt man später für den Praktikumsbericht, der der Schule vorzulegen ist. Darüber hinaus gelten diese als wichtiger Nachweis in einem möglichen Streitfall – auch nach dem Praktikum.

Apropos Arbeitszeiten: Für Jugendliche unter 18 Jahren gelten gewisse Grenzen. Höchstens 8 Stunden pro Tag, 40 Stunden in der Woche darf man beschäftigt sein. Überstunden sind generell nicht erlaubt. Falls es doch in Ausnahmefällen dazu kommen sollte, müssen diese mit einem Zuschlag von 50 Prozent vergütet werden. Nachtarbeit von 20 bis 6 Uhr ist verboten. Im Gastgewerbe gibt es hier eine Ausnahme: Über 16-jährige dürfen bis 23 Uhr arbeiten. Voraussetzung: Davor muss eine sogenannte Jugendlichenuntersuchung stattgefunden haben. An Sonn- und Feiertagen wird generell nicht gearbeitet (Ausnahme: Gastgewerbe).

Praktikanten sollten nichts unterschreiben, was sie nicht verstehen, bzw. ihnen nicht „ganz sauber“ vorkommt. Ein mögliches Beispiel sind Verzichtserklärungen, die mit „Ich mache keine weiteren Ansprüche geltend“ oder Ähnlichem formuliert sein können. Unterschriften bei Barauszahlungen sind jedoch nichts Ungewöhnliches, solange man damit tatsächlich den Betrag bestätigt, den man erhalten hat.

Außerdem sollten sie die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung (Kranken-, Pensions-, Arbeitslosen-, und Unfallversicherung) überprüfen. Von Seiten des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin ist diese ein Muss, wenn der Verdienst über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (2018: € 438,05) liegt.

Im Falle eines freiwilligen und unbezahlten Praktikums muss man zumindest unfallversichert sein.

Bei Unsicherheiten ist wieder Nachfragen bei der Lehrperson in der Schule, dem Betriebsrat, der Fachgewerkschaft, Vertrauenspersonen, etc. angesagt!

Was tun, wenn das Praktikum ein Albtraum ist?

Auch das gehört zum Leben: Tritt das Worst-Case-Szenario ein und ist das Praktikum ein einziger Alptraum, besteht natürlich die Möglichkeit es vorzeitig abzubrechen. Meist liegt ein befristeter Vertrag vor, der jederzeit einvernehmlich beendet werden kann. Wenn es ganz schlimm ist, sogar von beiden Seiten vorzeitig. Bei einem freiwilligen Praktikum ist es wichtig, was genau in der Praktikumsvereinbarung steht.

Noch einmal alles Festgehaltene, alle Rahmenbedingungen durchzulesen, und offene Fragen abzuklären! Verhärtet sich dann allerdings der schlimme Verdacht, dass man über den Tisch gezogen wurde, ist es am besten, das vereinbarte Entgelt baldmöglichst schriftlich einzufordern, weil Ansprüche ansonsten verfallen könnten.

Bekommt man weniger Geld als abgemacht und wird man auch nach gründlichen Nachforschungen nicht schlau, kann es sein, dass Lohnsteuer abgezogen wurde, obwohl man gar nicht lohnsteuerpflichtig ist. Dies trifft ab einer Einkommensteuerbemessungsgrundlage von €  1.067 zu (Wert: 2017). Die Lohnsteuer kann man bis zu fünf Jahre nach dem Praktikum beim jeweils zuständigen Finanzamt zurückfordern, durch eine sogenannte Arbeitnehmerveranlagung.

Alles gut geklappt?

Das Praktikum ist vorbei, alles hat gut geklappt, jetzt heißt es: Bloß nichts vergessen! Wichtig ist es am Ende, alle Arbeitspapiere beisammen zu haben. Diese umfassen für Praktikant/innen in einem Arbeitsverhältnis:

  • die Endabrechnung
  • die Abmeldung von der GKK
  • den Jahreslohnzettel fürs Finanzamt
  • die Arbeitsbescheinigung
  • die Praxisbestätigung für die Schule (Diese ist natürlich auch für Freiwillige wichtig!)

Ein Dienstzeugnis wird meist nicht automatisch übergeben, muss aber auf Wunsch ausgestellt werden.

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